TakeRoot FESTIVAL 2017

04.11.2017 Groningen - De Oosterpoort

November. Spätherbst. Der Wind weht das Laub über das ganze Land. Es ist grau. Ständig fällt Regen in allen Landesteilen. Die Zeit, wo man es sich drinnen gemütlich macht, aber wir sind ja keine Couch-Rocker, sondern freitags auf der Road to Groningen. Es erwartet uns das zwanzigste TakeRoot Festival. Für Freunde des Alt-Country, der Americana-, Roots-, Folk- und Singer-Songwriter-Music geradezu ein Muss, da die meisten dort auftretenden MusikerInnen und Bands unsere Lande nicht wirklich erreichen. Fünf Bühnen, zwanzig Acts im Zeit-Rahmen von etwas über acht Stunden, so dass man genaue Vorstellungen für seinen eigenen Time-Table haben sollte, um seine Lieblinge ausgiebig genießen zu können. Mit ein bisschen Geschick haben wir große Teile von neun gigs in unsere Gehörgänge gelangen lassen und visuell begutachtet.

Den Auftakt gaben LYDIA und LAURA ROGERS aus Alabama THE SECRET SISTERS. Ein Americana-Gesangs- und Songwriter-Duo mit gewaltigen Stimmen. Sie wuchsen mit der Country-Music ihrer Familie auf, über a cappella-Gesang in der Kirche und den Weg über Nashville haben sie nun bereits ihre dritte Scheibe am Start „You Do Not Own Me Anymore“. Auch ohne Vintage-Mikrofone kommen ihre Folk-Songs gut rüber und alles erinnert ein bisschen an die 50iger und 60iger Jahre der Pozo-Seco Singers und Everly Brothers. Sehr schön. obwohl wir das Ende dieses Auftritts nicht miterlebten, da der nächste für uns unverzichtbare Act bereits angefangen hatte. Wir freuen uns bereits auf den Auftritt der Schwestern auf dem Tønder Festival 2018.

TIFT MERRITT erwartete uns im Kleinen Saal on Stage. Sie ist mit ihrem siebenten Album „Stitch Of The World“ auf Tour, aber auch ältere Songs werden von der texanischen Songwriterin phantastisch präsentiert. Sie hat über die Jahre eine großartige künstlerische Entwicklung genommen. Ob an der akustischen Gitarre oder am Flügel - Ihre Aura ist beeindruckend. Mit einem akustischen Gitarren- und Pedal-Steeler an ihrer Seite zelebrierte sie die leiseren Töne - im Gegensatz zu ihrer neuen voluminöseren Scheibe. Sehr fein!

Danach ‘Back to the Roots` - Roots-Rock und Americana der Los Angeles Band THE AMERICANS. Der Frontmann PATRICK FERRIS heizt ordentlich ein, Lead-Gitarrist SOKOLOW und Bassist FAULKNER stehen ihm in nichts nach. Mit neuem Album „I’ll Be Yours“ im Gepäck wird die Foyer-Bühne einem ersten Haltbarkeits-Test unterzogen. Wir empfehlen, die Deutschland-Konzerte im November 2017 zu besuchen.

Bereits auf dem Haldern Pop Fesitval haben wir dieses Jahr die quirlige New Orleans Folk-, Blues- und Americana- Sängerin ALYNDA SEGARRA mit ihrer Band HURRAY FOR THE RIFF RAFF im Spiegelzelt in Augenschein nehmen dürfen. Hier nun im Großen Saal auf fast noch zu kleiner Bühne gab ALYNDA richtig Gas, ihre grazile Band hingegen hielt sich bedeckt im Hintergrund. Zuerst präsentierte sie uns an der Gitarre Songs ihres neuen Konzept-Albums „The Navigator“. Danach fast ausschließlich nur noch mit dem Mikro bewaffnet wurde es dynamischer und punkiger. Ein angriffslustiger Auftritt mit subtiler Stimme dargeboten. Zum Ende des Super-Gigs kam dann noch der Süd-Staaten-Folk ihrer ersten Scheiben zum Vorschein. Alles mit riesiger Empathie dargeboten.

Country-Rock der CORDOVAS aus Nashville stand dann auf unserem Festival-Plan, eine Super-Live-Band, bei der alle Quintett-Mitglieder Leadsänger sind. Viele Songs gingen mit teils rasantem Tempo über die Foyer-Bühne, wie Southern Rock der 70er Jahre. Pedal-Steel und ruhiges Drum entzerren immer wieder und es endet vieles im Harmonie-Gesang. Geschichtsträchtige Songs voller Leben, die stets auf den Punkt kommen - süchtig machend. Nach ihrem Debüt-Album 2012 tauchte die Band ab - nun ist sie mit ihrem Frontmann JOE FIRSTMAN zum Glück wieder about water. Wir erlebten Weltmeisterliches.

Im letzten Jahr auf dem Tønder Festival hatten wir bereits das Vergnügen, die in Nashville beheimate Singer-Songwriterin MARGO PRICE mit ihrer exzellenten Band THE PRICETAGS begutachten zu können. Moderner Country und Honky-Tonk mit lebensnahen sozialen und politischen Themen sind bei ihr angesagt. Ihr gerade wieder auf Third Man Records erschienenes zweites Album „All American Made“ beinhaltet das Leben der einfachen Leute in den Klein-Städten und dem weiten Land, handelt von Armut, Sexismus und Feminismus. Große aktuelle amerikanische Themen, die endlich wieder musikalisch das Licht der Welt erblicken. Weiter so!

JIM LAUDERDALE - endlich wieder in Europa. Der aus North Carolina stammende Singer-Songwriter und mehrfache Grammy-Gewinner hat Country, Americana und Bluegrass verinnerlicht. Der Herr hat fast 30 Studio-Alben inklusive Kollaborationen draußen. Unter anderem waren Songs wie ‘The King Of Broken Hearts` und ‘Lost In The Lonesome Pines’ auf seiner Set-List und gewünschte Songs seiner Freaks aus dem Auditorium kamen - wie selbstverständlich - zu Gehör. Ein Meister seines Fachs.

„Down Hearted Blues“ ist der Titel des gerade erschienenen Albums von EILEN JEWELL. Diese großartige Singer-Songwriterin aus Idaho war eventuell der heimliche Star des Festivals. Mit großartiger Band, in der JERRY MILLER auf der elektrischen Gitarre immer wieder wunderbare Riffs zum Besten gab, war es ein Vergnügen EILENs Stimme zum Blues, Honky-Tonk und Americana zu hören. Ebenso großartig ihr schlichtes Acoustic-Gitarren- und Harmonica-Spiel. Die ganze Bandbreite des Blues stand im Vordergrund ihres Sets - auf ihrer vorherigen Scheibe war es noch der Country. Aber das war sekundär - sie ist höchstwahrscheinlich in jedem musikalischen Brevier zu Hause. Eine phantastische Künstlerin, die am Ende ihres Auftritts noch eine Jam-Session mit kompletter Band inszenierte. Dabei gab JASON BEEK das Drum auf und wechselte zum Washboard und Jerry Miller gab der Acoustic-Gitarre eine Chance. Alles auf Feinste zelebriert.

Los Angeles hatte noch einen weiteren Abgeordneten zum Festival entsandt SAM MORGAN als SAM OUTLAW bekannt. Mittels siebenköpfiger grandioser Band lieferte er sogenannten West-Coast infizierten Country ab, der uns bereits dieses Jahr auf dem Tønder Festival als neuer Los Angeles-Country-Hype dargereicht wurde. Nach unserem Geschmack ein bisschen glatt, tränenreich und teils etwas schmalzig, aber das phänomenale KünstlerInnen-Ensemble hält das Set auf hohem musikalischen Niveau über die gesamte Wellen-Reiter-Distanz und wir surfen zum Festival-Ende in die Nacht hinaus.

Natürlich gehen wir auch 2018 wieder über Land nach Groningen - wie Willie uns eingetrichtert hat: On The Road again. Versprochen!

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