PRINZ GRIZZLEY
Hallo Chris, nach dem sehr erfolgreichen Debut-Album „Come On In“ aus 2017 nun der zweite Longplayer mit dem Titel „To My Green Mountains Home“, erschienen am 26. Juni 2020. Aber beginnen wir erst mal mit dem Namen PRINZ GRIZZLEY, da bisher etliche Musik-Fans weder Dich noch Deine Band kennen. Wie kam es zu diesem Namen?
Chris: Ja dieser Name hat schon für etliche Verwirrung gesorgt, ist aber ganz einfach zu erklären. „Prinz“ ist mein Vorname und „Grizzley“ mein Nachname! Ich hatte da mal eine lustige Konversation mit „Shakey Graves“ aus Austin Tx., dass es ihm häufig ähnlich ergeht und die Menschen fragen, ob er denn nicht der Typ aus der einen Band sei! Also merke „Prinz Grizzley“ Soloact, „Shakey Graves“ Soloact :-)
Eure Roots liegen im Vorarlberg. Bei Musik aus den Bergen, da denken viele Musik-Freaks in unseren Landen an eine ganz anders geartete Mucke. Ihr bringt Americana, Blues, Country und Honky Tonk zum Klingen, so dass es die Assoziation gibt, „von wo kommt die Band?“… wir dachten aus den Süd-Staaten der USA. Wie ist Eure Befindlichkeit zur österreichischen Alpenkultur?
Chris: Wie sagte schon der Dichter Gebhard Wölfle aus unserer Region „Wir ehren das Alte, begrüßen das Neue“, Tradition bleibt Tradition, was nicht heißt, dass man keine neue einführen kann.
Zudem hätten wir gerne gewusst, da in Eurer Band zwei Österreicher und zwei Schweizer verankert sind, wie es zu dieser Pari-Pari-Konstellation gekommen ist?
Chris: Mit dem Jogi (Pedal Steel) mache ich schon seit fast 20 Jahren Musik, den Claude (Bass) habe ich über einen befreundeten Musiker kennen gelernt und der hat dann den Andreas (Drums) ins Spiel gebracht. Mit anfangs doch ein paar Dialekt- Hürden haben wir uns musikalisch aber sofort verstanden.
Was soll uns der erweiterte Band-Namen „… AND HIS BEARGAROOS“ sagen?
Chris: Das ist der Name meiner großartigen Backing Band bestehend aus Claude, Andi und der Jogi!
Am 27. Juli 2017 sind wir uns das erste Mal auf einem eurerseits fulminanten Konzert im Dortmunder „Subrosa“ begegnet. Bereits dort haben Dietmar Leibecke - der Veranstalter des Static Roots Festival in Oberhausen - und ich zur Kenntnis genommen, dass dieser Gig in seiner Gesamtheit etwas Besonderes war und wir Euch unbedingt im Auge behalten sollen. Und das war gut so. Bereits 2018 ist die Aufmerksamkeit in Bezug Eurer Musik so groß geworden, dass Ihr Auftritte auf dem „SXSW“ in Austin, dem „Kilkenny Festival“ in Irland und dem „Americana Fest“ in Nashville hattet. Welche Eindrücke und Erfahrungen, habt Ich von dort mitgenommen, die Euren musikalischen Weg eventuell verfeinert haben?
Chris: Ich glaube, diese Auftritte waren eher Bestätigung, dass ich und die Jungs auf dem richtigen Weg sein. Um die Songs zu schreiben, die ich schreibe, muss ich nicht auf der Route 66 gefahren sein, ich habe meine eigene Geschichte und Bezugspunkte.
In Euren Songs wird oft Bezug zu Wäldern und Bergen, zur Einsamkeit und zum einfachen Leben genommen. Prägt die Heimat entscheidend die Inhalte?
Chris: Wie gesagt, ich schreibe über das, was mich umgibt, was ich sehe, mich beschäftigt und inspiriert! Und war es in jungen Jahren die Sehnsucht auszubrechen aus dieser wunderschönen Enge, das Großstadtleben in all seinen Reizen zu erkunden, ist es nunmehr die Auseinandersetzung mit meiner Heimat und meinen Wurzeln!
Fallen Dir die Texte so einfach ein oder wie schwierig ist so ein Entstehungsprozess, da es diesbezüglich um englisch-sprachige Texte geht. Wie lange dauert so ein Prozess bis Du einen Song fertig hast? Welche Ideen-Gänge müssen beachtet werden? Reime mit ähnlichem Klang, auch keine Reime, Refrains. Greifst Du auf Dichtungstraditionen zurück? Stelle ich mir als deutsch-sprachiger Mensch schwierig vor. Was läuft in Deiner Hypophyse in der Herangehensweise ab?
Chris: Das kommt ganz auf den Song an, wie schnell das geht mit den Texten. Ich habe immer schon in Englisch geschrieben, deshalb geht das Texten Hand in Hand mit der Musik! Manche Songs schreibe ich in 20 Minuten andere brauchen ein wenig länger! Ich versuche nie Songs zu erzwingen, ich warte bis sie bereit sind, sich mir zu öffnen und mir ihr Geheimnis verraten, das es braucht, um sie fertig zu stellen!
Der Name einer Musik-Platte kann ja bereits zum Zugriff anregen. Unter welchen entscheidenden Gesichtspunkten kam es bei beiden Alben zur Auswahl der Titel-Benennung, deren da sind „Come On In“ und „To My Green Mountains Home“?
Chris: Manche mögen bemerkt haben das man sie aneinander reihen kann ;) so viel sei gesagt, es ist noch nicht vollständig!
Beim phantastischen Song „Drifting“ werden die Harmony Vocals vorzüglich von Erin Rae dargeboten. Warum wurde gerade sie ausgewählt?
Chris: Ich habe Erin beim Americana Fest 2018 in Nashville kennengelernt. Ihr Schlagzeuger Dom Billet hatte mir bei meinen Shows ausgeholfen und hat uns vorgestellt. Sympathische Frau mit riesen Talent, ihr letztes Album war bei mir auf Dauerschleife, weshalb es mich dann auch unglaublich gefreut hat, dass sie mir die Harmony Vocals gesungen hat.
Wenn wir schon bei den Damen sind… Auf „Come On In“ war es “Irene” jetzt ist es „Magdalena“. Stehen die beiden Namen in irgendeinem Realitätsbezug oder sind Dir diese beim Mondschein eingefallen?
Chris: Naja, Irene ist meine Geliebte, Magdalena meine Frau!
In dem wunderbaren „Meet Me At The Pines” habe ich die Hintergrund-Deutung nicht richtig verstanden. Kläre mich bitte zum Thema auf…
Chris: Es geht um das aneinander vorbei leben in einer Beziehung, das dann gipfelt in der Entscheidung des einen, wirklich zu gehen. Der Zurückgelasse muss mit der Ungewissheit leben, ob er daran Schuld ist und es nicht doch hätte verhindern können.
Das neue Album endet mit einem bisher, nach meiner Meinung, noch nicht von Euch zelebrierten Seemannslied. „The Salty Live Of Ocean“ ein Shanty. Spürst Du darin persönlich die Sehnsucht nach einem Ocean, obwohl es heißt „Row, row me home“?
Chris: Der Ozean steht sinnbildlich für das Leben an sich. Es gibt Zeiten, in denen wir den Boden unter unseren Füßen verlieren und uns nach einem sicheren Menschen oder Ort sehnen. Nach einem Hafen, einem Anker, sprich nach Halt suchen.
Wie kam es zu dem Entscheid, dass Beau Bedford zum Produzenten des Albums auserkoren wurde?
Chris: Als ich Beau kennen gelernt habe, wusste ich nicht, dass er derjenige war, der zwei meiner Lieblings Alben (Paul Cauthen, The Texas Gentlemen) produziert hat! Ich dachte, er sei „nur“ der Keyboarder der astronomisch guten „Texas Gentlemen“. Mein Pedal Steel Player hat das danach durch Zufall entdeckt und es mir dann völlig erstaunt mitgeteilt! Als ich Beau dann das nächste Mal beim SXSW in Austin Texas traf, habe ich ihm unverbindlich mal das „Come on in“-Album in die Hand gedrückt! Als ich ihn dann ein paar Monate später bezüglich neuer Album-Produktion angefragt habe, hat er sofort bestätigt! Es war wirklich unglaublich, mit ihm zusammen zu arbeiten, wir haben uns voll und ganz verstanden! Musikalisch wie menschlich!
Als Band-Leader sind alle Songs wesentlich geprägt von Deiner Stimme, die teils flehend, dann auch mal mit lautem Ton, sehr kraftvoll rüberkommt, zum anderen auch voller Melancholie. Deine Stimme als Wesensmerkmal der Band. Was hältst Du von dieser Aussage und wie würdest Du Deine Stimme definieren, wenn es so etwas überhaupt gibt?
Chris: Das ist schwierig zu beurteilen. Ich denke, irgendwie hätte jeder Sänger gerne eine andere Stimme, aber man lernt die Seinige zu ertragen, dann damit zu arbeiten und zu guter Letzt, dann Frieden mit ihr zu schließen! Man muss mit dem arbeiten, das man hat, meine mag nicht schön sein, aber Wiedererkennungswert hat sie.
Dem oftmaligen Einsatz der Pedal Steel von Johannes Bischof, finde ich großartig. Ich denke da zum Beispiel an den neuen Song „Nothing Left But Scars“. Deine Stimme und seine Pedal Steel im Einklang – zum Niederknien. Wie kam es zu der Überlegung, dieses Musik-Instrument generell zu integrieren? Zum guten Americana gehört einfach eine „Pedal“ oder was bewirkte diese wunderbare Entscheidung?
Chris: Als ich die Demos für mein Debut Album eingespielt habe, habe ich zuerst die Hooklines mit Slide Gitarre gespielt und kam dann zu dem Schluss, dass da schon eine Pedal Steel darauf gespielt gehört. Ich habe mir dann selber eine gekauft und begonnen, diese zu spielen. Nur da ich nicht vorhatte, dass sich die Aufnahmen des Albums über Jahrzehnte hinziehen sollten, hatte ich einfach mal Aaron Goldstein (Daniel Romano) aus Kanada angeschrieben, ob er mir nicht seine Künste zur Verfügung stellt und voilà, ich hatte den Sound, den ich wollte! Die Pedal ist ein wirklich vielseitiges Instrument, sie kann schwebend, füllend, Melodie, Verzierung etc..etc.. sein. Meinen jetzigen Pedaler musste ich schwer überzeugen, dass er sich auf dieses Instrument einlässt, aber ich glaube, es war die Mühe wert. Johannes und die Pedal Steel ein Traum!
Eure beiden Schweizer Claude Meier (Electric und Upright Bass) und Andreas Wettstein (Drums und Percussions) sind in ihrem Hauptberuf als Jazz-Musiker unterwegs, also eigentlich in einer ganz anderen Musik-Richtung. Macht gerade diese Wertschöpfung Eure Band zu etwas Besonderem?
Chris: Willie Nelson hat mal gesagt, dass er und seine Band nie Country gespielt haben, wenn sie geprobt haben, sondern immer Jazz! Diese beiden beherrschen ihr Instrument im Effeff und es ist eine Freude, mit ihnen zu spielen und zu arbeiten!
Hier ein Rückblick auf Dein früh-musikalisches Schaffen. Du hattest eine Band namens „Golden Reef“ – als Ergebnis mit zwei Promo-EPs und vier Alben. Elektronische Musik hatte Dich eigentlich immer interessiert, so dass auch 2014 eine elektronische Platte (Grizzley and the kids) von Dir das Licht der Welt erblickte. Wie kam es dann aber zur Rückbesinnung auf Deine Roots von Country und Blues?
Chris: Country und Americana hörte ich eigentlich immer schon, auch zu Zeiten von „Golden Reef“, aber immer nur so nebenbei, um die Ohren von dem ganzen Indie- Rock-Gebumms mal wieder frei zu räumen. Ich wollte eigentlich schon noch mit „Golden Reef“ ein Country Album machen, nach dem 4.Album, bin da aber auf wenig Gegenliebe gestoßen! Aus dieser Zeit stammt zum Beispiel „Back in Tears“. Als ich dann beschloss, Solo-Wege zu beschreiten, nach der elektronischen Platte, habe ich dieses Lied wiederentdeckt und wusste sofort, dass der Zeitpunkt gekommen war, meiner jahrelangen zu wenig ausgelebten Leidenschaft für Roots Music nachzugehen!
Wie lebt es sich im Bregenzer Wald, in einem Vorarlberg-Ort wie Egg mit 3.500 Einwohnern, weit weg von den musikalischen Metropolen? Da musst Du doch sehr bodenständig sein – oder?
Chris: Es lebt sich ganz ausgezeichnet im Bregenzer Wald! Das einzige Manko das mir einfiele, Geschäftsmeetings mit irgendwelchen Menschen, die wichtig sein könnten für meine Musik, gehen nicht mal eben schnell! Da muss ich dann schon eine längere Autofahrt in Kauf nehmen. Ich lebe wirklich gerne auf dem Land, was manchen Leuten wahrscheinlich zu langweilig wäre, die das pulsierende städtische Leben bevorzugen. Dieses Bedürfnis habe ich gestillt, als ich mit Mitte 20 für ein Jahr in London gelebt habe. Habe da unglaublich viel gelernt!
Momentan leben wir alle umgeben von Covid-19 in einer Pandemie. Konzert-Auftritte finden nicht statt. Was bedeutet das für Eure Band und wann meint Ihr, ist wieder mit Live-Auftritten zu rechnen? Gebt Ihr auch Live-Streaming-Gigs im Netz?
Chris: Dieses Jahr wird nicht mehr viel passieren, ich werde mich voranging in meinen Breitengraden herumtreiben! Live-Streams sind noch keine geplant.
Wann ist zum neuen Album - nach neuesten Gesichtspunkten - die Tour geplant und in welchen Ländern sollen die Gigs stattfinden?
Chris: Das ist auch noch völlig ungewiss! Auch 2021 wird es nicht einfacher werden, Shows zu buchen! Da man so viele Events und Touren von 2020 nach 2021 verschoben hat. Mal sehen, wo ich da noch Platz habe. Auch welche Clubs die Krise dann überstanden haben werden, ist noch ungewiss! Abwarten ist die Devise!
Bisher seid Ihr bei keiner Konzertagentur unter Vertrag. Soll das so bleiben oder wünscht Du Dir diesbezüglich einen anderen Status?
Chris: In Deutschland nicht, das ist richtig! Eine helfende Hand ist immer gefragt!
Wir leben in einer sehr lebendigen Zeit. Das trifft auch auf die Musik-Industrie bzw. -Branche zu. Unendliche Musik-Träger kommen auf den Markt, Viele Musik-interessierten Menschen nehmen sich gar nicht mehr die Zeit, sich ein ganzes Album anzuhören, das World Wide Web ist mit Social Media-Input vollgepumpt. Die jungen Leute streamen vielfach nur noch einen Titel einer Band und schon geht es weiter. Die Wertschätzung für gute Musik - auch klassischer - und deren Interpreten ist doch vielfach unterirdisch geworden. Was ist ein Song-Writer heute noch wert? Wie siehst Du die Tatsachen-Entwicklung?
Chris: Das ist ein ziemlich großes Thema! Da ich als Künstler ja auch alle Phasen dieser Digitalisierung mitgemacht habe, machen musste, von der CD über Myspace, Facebook nach Instagram! Wirklich positiv finde ich, dass das Vinyl ein richtiges Revival hat und das ist gut so!! Ich sage nur, früher hat man sich Zeit genommen, um Musik zu entdecken, heute soll die Musik die spärliche freie Zeit ausfüllen!
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit dem neuen Album.
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