WOLF & MOON

November 2020 Interview und neues Album

In Songwriter-Kreisen wird ja des öfteren der Begriff „Troubadour“ verwendet; einfach weil das das Sinnbild des rastlos umherziehenden Musikus ist, der auf seinen Reisen das Material einsammelt, das er dann in seinen Songs – vorzugsweise mit poetischer Note - zu Musik macht. Zweifelsohne gehören Stefany und Dennis auch zu dieser Spezies von Künstlern – auch wenn sie sich nicht dem Folk-Sektor zurechnen lassen, auf den sich die Bezeichnung „Troubadour“ hauptsächlich bezieht. Das in Berlin ansässige, niederländische Paar, das unter dem Projektnamen Wolf & Moon firmiert hat nämlich seinen ganzen Lebensentwurf auf das musikalische Nomadendasein ausgerichtet. So entstanden beispielsweise die Songs des ersten Albums „Before It Gets Dark“, indem Stefany und Dennis die Eindrücke, die sie auf ihren Reisen (und Touren) auf der ganzen Welt einsammelten, mit Hilfe des schwedischen Produzenten John Andersson in dessen Stockholmer Studios in poetisch/emotionalen „Travelogues“ in Form brachten. Auch wenn das neue Album „Follow The Signs“ nun weniger direkte Reise-Bezüge enthält, ist ein Projekt wie Wolf & Moon dann doch sicherlich in ganz besonderer Weise von den Einschränkungen der Corona-Krise betroffen, oder?

„Ja eigentlich stimmt das“, berichtet Dennis, „wir hatten sogar gerade eine Tour in Italien gebucht, als das mit der Corona-Krise losging - und dann wurde alles abgesagt. Am Anfang war das eigentlich ganz schön, denn wir hatten noch nie so viel Zeit zu Hause verbracht. Dann waren wir aber sehr kreativ und haben zum Beispiel Live-Streams und Videos gemacht.“ Und diese entstanden dann ausnahmsweise eben nicht auf Reisen oder in Stockholm, sondern – wie das Video zur aktuellen Single „Eyes Closed“ zeigt - im heimatlichen Berliner Wohnzimmer. Hier ist dann auch zu erkennen, dass sich der Sound des Duos seit den akustischen Anfängen konsequent weiter entwickelt hat.

„Was ich liebe ist, ist wie das entstanden ist“, fabuliert Dennis, „wir hatten uns darauf fokussiert mit kleiner Gitarre und Drumcomputer zu touren. Das hatte sich Stefany ganz gut ausgedacht. Aber was ich sehr interessant finde, ist dass wir uns gesagt hatten, dass wir keine Lagerfeuer-Band mit Akustik-Songs sein wollten, als wir mit John ins Studio gegangen sind. Und da bin ich dann drauf gekommen, eine Hollow-Body-E-Gitarre mit Effekten zu spielen und dann kamen noch die Keyboards dazu. Zusammen haben wir dann einen Sound gefunden, der jetzt sogar zumindest noch für eine weitere Platte gut ist.“

„Für uns hört sich die zweite Platte ein bisschen anders an als die erste“, überlegt Stefany, „die beiden Scheiben sind natürlich schon aus einem Guss und wir haben mit den gleichen Leuten gearbeitet – aber in unserer Soundwelt gibt es noch so viel entdecken und auszuprobieren, dass wir uns nicht so schnell langweilen.“ Es ist ja auch ein recht eigenwilliges, reizvolles Sounddesign, dass sich Wolf & Moon – zusammen mit dem schwedischen Produzenten John Andersson in dessen Stockholmer Studio - da angeeignet haben. Bis heute agieren Wolf & Moon nämlich sehr minimalistisch und kommen – entsprechend ihrer Philosophie – mit Gitarre, Mini-Keyboard und Laptop aus. Was sind denn für sie die Herausforderungen, in diesem Setting zu Ergebnissen zu kommen? „Das ist bei uns so., dass wir uns für einen Song ein Limit von einem Tag setzen“, beschreibt Dennis, „und agieren dabei auf Basis unserer Intuition.“ „Dabei ist es dann wichtig, schnelle Entscheidungen zu treffen“, fügt Stefany hinzu, „wenn dann jemand noch eine andere Idee hat, dann sagen wir immer: Die ist dann für den nächsten Song morgen.“ Das ist übrigens eine sehr gute Idee, die sich diejenigen merken sollten, die Probleme haben, zum Kern ihres eigenen Tuns zu finden. „Genau“, pflichtet Dennis bei, „wir achten aber auch immer darauf, dass die Zutaten wenige sind. Alles, was da ist, muss einen sehr guten Sound haben. Und wenn das der Fall ist, darf es bleiben – aber alles andere schmeißen wir weg. Wir erlauben uns zwar, alles mal auszuprobieren im Studio – aber vieles geht dann wieder weg. Das hängt damit zusammen, dass wir die Songs in Stockholm zusammen mit John Andersson sogar schreiben und einspielen. Das läuft so ab, dass wir eine Woche hinfahren, dann ein paar Songs schreiben und wieder gehen. Zwischen diesen Sessions sind dann schon längere Pausen.“

Okay: Wenn die Songs dann gar nicht auf den Reisen entstehen, wie kommen sie dann zustande? „Manchmal schreibe ich etwas auf, damit ich es nicht vergesse“, zögert Dennis, „aber meistens eher nicht.“ „Es fühlt sich für mich so an, als wären wir ein Schwamm der alles aufsaugt“, überlegt Stefany, „unsere Worte sind dann ja auch keine richtigen Beschreibungen sondern eher Gefühle, Gedanken und Lebensansichten – und die muss man sich gar nicht merken, denn die sind dann parat.“ Auch auf der neuen Scheibe tragen die Songs zumindest Andeutungen des Reise-Themas im Titel – wie z.B. „The Road“ oder „State Of Victoria“. „Wir waren zwar in Australien im Staat Victoria – aber der Songtitel ist ein Wortspiel und hat eine doppelte Bedeutung“, wirft Stefany ein. „Ja, da es geht es nämlich um das Überwinden von Schwierigkeiten und wie man sich fühlt, wenn man siegt - diesen Zustand des Siegens“, führt Dennis aus. Nun ja: Ein bisschen inhaltliche Variation kann ja sicher nicht schaden.

Bei einem Konzert erwähnte Dennis ein Mal, dass er sich selbst nicht als besonders guten Gitarristen sähe. Gerade auf der neuen Scheibe scheint es aber sowieso sehr viel mehr um Klänge als um handwerkliche Fertigkeiten zu gehen, oder? „Das stimmt“, räum Dennis ein, „wir haben mit dem Produzenten am Sounddesign gearbeitet und viele Effekte verwendet. Wir haben ein Pedal-Board zusammengestellt und spielen damit. Wie Du aber sagst: Es geht dabei nur um den Klang. Was ich spiele ist wenig und wenig virtuos – aber das ist bei vielen Bands, die ich mir gerne anhöre wie Arcade Fire und Radiohead auch so. Alles muss einen Klang und eine Funktion haben und das ist eigentlich auch mein Stil. Ein bisschen Naivität und die Limitationen gehören dazu.“ „Wir haben uns neulich auch darüber unterhalten, warum das so ist, dass uns und auch unsere Freunde, die einen ähnlichen Musikgeschmack wie wir haben, solche Sachen wie Beyonce – die ja eine mega-krasse Sängerin ist - uns einfach nicht berühren, während uns Bands wie Big Thief auf der anderen Seite total berühren“, wirft Stefany ein. Vielleicht, weil Perfektion einfach nicht gut genug ist? „Ja stimmt“, lacht Dennis, „das ist dann wie so ein Blockbuster-Marvel Film – da bleibt dann auch kein Platz mehr für Gefühle.“ „Vielleicht kann man sich auch besser mit Leuten identifizieren, die – wie man selber – auch nicht perfekt sind“, überlegt Stefany.

Dass man mit einer solchen Attitüde wohl kaum in die Charts kommen kann, nehmen Stefany und Dennis dabei gerne in Kauf, denn schließlich geht es ihnen um ganz andere Sachen. Dass es dabei vor allen Dingen um das Reisen, Touren und die Kommunikation mit dem Publikum geht, ist unter den gegebenen Umständen natürlich bedauerlich – aber da wir alle von der Corona-Krise betroffen sind, bleibt eigentlich nur, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen – und den Zeichen zu folgen.

Words: Ullrich Maurer

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