
HEATHER NOVA
Zum Abschluss des Deutschland-Abschnittes ihrer großen Tour zum Release des aktuellen Albums „Breath & Air“ hatte Heather Nova eingeladen ins Kölner Gloria – einer Spielstätte, in der sie schon mehrfach ihre treuen Kölner Fans begrüßt hatte. Was die Show von anderen Gastspielen in der Domstadt absetzte, war der Umstand, dass die britische Songwriterin von den Bermuda-Inseln auf dieser Tour zum wiederholten Male zu ihren Roots als romantische Songwriterin zurückkehrte und die Tour in einem abgespeckten Akustik-Setting absolvierte und sich dabei alleine von der singenden Cellistin Midori Jaeger und dem Teilzeit-Drummer Che Albrigton bei einigen Stücken begleiten ließ.
Als Support hatte sich Heather den Wahl-Hamburger Songwriter, Musiker und Produzenten Timo Scharf mitgebracht. Timo mäandert schon seit einiger Zeit durch die Singer/Songwriter Szene, ist aber als Recording-Artist und Live-Musiker erst seit Kurzem in eigener Sache unterwegs. Auch an diesem Abend präsentierte er seine – sehr konstruktiv ausgelebten – Männerschmerz-Elegien im klassischen Folkie-Format (während er seine Studio-Aufnahmen eher poppig produziert werden). Zum Thema „konstruktiv ausgelebter Männerschmerz: Damit ist gemeint, dass sich Timo nicht in larmoyantem Selbstmitleid und Betroffenheits-Lyrik vergräbt, sondern seine Trennungs- und Beziehungs-Dramen stoisch dokumentiert: Wenn man sich trennt – so Scharf in dem Song „Nebraska“ - dann muss man eben auch die gemeinsame Plattensammlung auflösen. Der eine bekommt dann eben Springsteen's „Nebraska“, der andere Lou Reed's „Berlin“. Das präsentierte er mit sympathischem Understatement. Sein Management habe ihm empfohlen, seinen Namen so oft wie möglich zu sagen, sagte er, damit sich dieser einprägen möge. Ein kurzer Check mit dem Publikum gegen Ende seines Sets bestätigte dann, dass dieser Plan aufgegangen war.
Eigentlich hatte Heather Nova vorgehabt, auf ihrer neuen LP „Breath And Air“ nach neuen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten zu suchen, und dabei auf Elektronik und programmierte Beats zu setzen. Aber nach den ersten Versuchen in dieser Richtung stellte sich dann heraus, die Songs (die erstaunlich oft mit maritimen Themen verknüpft sind) dann doch wieder nach akustischer Gitarre und Streicher-Backings verlangten. So ist das eben, wenn man sich als sensible Künstlerin nicht alleine von Erwartungshaltungen, sondern von der Kunst als solcher leiten lässt. Kurzum: Was dabei herauskam ist dann eine Produktion, die eben beide Elemente enthält und damit an Heather's allererste Indie-Scheibe „Glow Stars“ erinnerte. Im Gloria spielten diese Überlegungen keine große Rolle, da sich Heather eben für ein rein organisches Akustik-Setting entschieden hatte. Dennoch schlug die Künstlerin über ältere Tracks wie ihrem Durchbruch-Klassiker „Walk With Me“ oder den Opener „Rewild Me“ vom 2019er Prä-Pamdemie-Album „Pearl“ (in selbstverständlich auf das notwendige reduzierten Akustik-Versionen) den Bogen von ihren Anfängen über die „Reifephase“ bis zu den Songs des neuen Albums. Das tat sie teilweise auch, indem sie die Songs inhaltlich in Bezug zueinander stellte: „Walk With Me“ etwa sei der Song, mit dem ihre Reise um die Welt dereinst begonnen habe und der neue Track „The Lights Of Sicily“ sei eben auch ein Song über ihre Reise als Künstlerin – ganz zu schweigen von dem Track „Island“ - der natürlich auch im Mittelteil der Setlist platziert war.
Die Show spielte sich dann im Wesentlichen als Wechselspiel zwischen Heather Nova und ihrer (unauffällig aber enorm effektiv agierenden) Cellistin Midori Jaeger ab – wobei es natürlich nicht das Ziel sein konnte, die Arrangements der Studio-Produktionen zu emulieren, sondern stattdessen jeweils auf den Kern der Songs einzugehen. Etwas anders wurde die Sache dann, als sich Heather Nova bei dem Song „Hey Poseidon“ (der erneut das Reise- wie aber auch das Wasser-Thema des neuen Albums aufgreift) ans E-Piano setzte, und dann der Drummer Che Albrigton für einige Songs dazu stieß – denn witzigerweise emulierte dieser durch sein zurückhaltendes Spiel die programmierten Drum-Patterns des Studio-Albums. Ein besonderes Bonbon gab es dann noch im letzten Drittel der Show. „Wollen wir ein bisschen Spaß haben?“ fragte Heather nicht ohne Selbstironie ins Rund und bat dann jemanden aus dem Publikum, sie bei dem Song „London Rain“ gesanglich zu unterstützen. Das tat sie auch auf den anderen Konzerten der Tour – jedoch fanden sich in Köln dann gleich drei Mutige SängerInnen, die sich zu Heather auf die Bühne gesellten. Sagen wir mal so: So viel Spaß machte die Sache – zumindest aus der Zuhörer-Perspektive – aufgrund der vielen schrägen Töne gar nicht. Dennoch Kudos an die mutigen Selbstdarsteller. Ein letztes Highlight gab es dann noch, als Heather im Zugabenblock das National-Cover „Fireproof“ spielte, denn so etwas machte sie zuvor nicht allzu häufig.
Fazit: Eigentlich bot diese Show alles, was man in einem solchen Setting von Heather Nova auch hätte erwarten können. Ganz besonders deutlich wurde, dass Heather Nova keine Künstlerin ist, die die große Geste benötigt und ihre Inspiration für den Vortrag eher aus den Songs selbst und den erzählten Geschichten zu beziehen scheint – und nicht aus großartigen produktionstechnischen Anstrengungen. Tatsächlich wirkten viele der Tracks in diesem intimen Setting – also ohne Ablenkung durch musikalische Opulenz – beim Hörer deutlich intensiver nach. Zwei Kritikpunkte erscheinen jedoch angebracht: Während andere Konzerte auf dieser Tour ganz normal ausgeleuchtet waren, waren Heather und ihre Mitstreiter (mit Ausnahme der Publikums-Gäste) in Köln so gut wie gar nicht zu erkennen, da die Musiker bestenfalls von hinten beleuchtet wurden – und das auch nur äußerst funzelig. Dafür konnte Heather ja nichts – aber die Frage bleibt, was das sollte. Und der zweite Kritikpunkt war dann der, dass sich die Diva dem amerikanischen Superstar-Trend angeschlossen hatte, und zusätzlich zu den eh nicht besonders günstigen Konzerttickets VIP-Packages (für gewöhnlich sind das dann bezahlte Meets & Greets) für 50 Euro erworben werden konnten. Wer sich das leisten konnte und dann womöglich noch beim Merch-Stand aufschlug, dürfte dann schnell mit über 100 Euro dabei gewesen sein. Das lassen wir mal so stehen.
Text & Photo: Ullrich Maurer