DAWES Interview mit Taylor Goldsmith

November 2019 Interview

Dass dies die letzten Konzertmonate für lange Zeit sein werden, wissen wir noch nicht, als wir wie so oft für gute Live-Musik nach Köln reisen - an einem katholischen Feiertag leider, d.h. alles hat zu, und was nicht zu hat, ist voll. (Dass wenige Monate später eh alles zu hat, ahnen wir ebenfalls nicht.)

Spätestens seit Nothing Is Wrong (2012) gehören Dawes zu meinen Lieblingsbands, doch erst heute sehe ich sie endlich zum ersten Mal live. Sie touren mit ihrer Platte Passwords, und ich sitze vor ihrem Konzert mit Bandchef Taylor Goldsmith im wimmeligen Barbereich.


In unserem RoadTracks-Interview vor 7 Jahren sagtest du Andi, dass dir, dass euch das Touren so viel gibt, und dass ihr die Hingabe von Leuten wie Jackson Browne (Anm.: für den sie auch schon backing band auf dessen Touren waren) bewundert, die das schon 40 Jahre oder länger machen. Wie ist das jetzt, 7 Jahre später, fühlst du immer noch so?

Na ja, als wir damals vier Jahre hinter uns hatten, dachten wir so, lass uns diese Tour beenden, dann zwei Tage zu Hause sein, dann wieder drei Monate touren, ein paar Tage nach Hause usw. – genau so wollten wir das. Jetzt sind zwei von uns verheiratet, wir haben Häuser, es ist eine andere Situation. Wir lieben es immer noch, aber nicht nur das, es ist auch die einzige Möglichkeit für eine Band wie unsere Geld zu verdienen. Wir bekommen nicht soviel von den Plattenverkäufen oder Streams, und unsere Songs sind auch nicht in irgendwelchen Fernsehsendungen, sowas passiert uns nicht, daher müssen wir touren, wenn wir als Band davon leben wollen. Eine Sache hat sich verändert: wir sind klüger geworden. Damals dachten wir, bitte, lass uns die ganze Zeit unterwegs sein, während wir uns jetzt fragen: wie können wir am effektivsten touren? Also lieber eine Show in einer Region in einem größeren Venue als fünf Shows in derselben Gegend in kleineren, solche Sachen. Das fällt uns nicht leicht, dieses Beschränken, eigentlich wollen wir immer spielen, spielen, spielen.

Eure gerade mal 2 Termine in Deutschland scheinen das zu bestätigen.

Dass überhaupt, wenn wir so weit von zu Hause weg sind, Leute kommen und unsere Musik hören wollen, bedeutet uns so viel. Und ich möchte jetzt nicht unverschämt oder indiskret klingen: wir verdienen damit gar kein Geld, wir schießen zu! Aber wir machen das gerne, bei den Europa-Tourneen geht es uns nicht ums Geld, sondern darum, dass alle, die kommen, Fans unserer Band sind und es verdienen daran auch teilzuhaben. Wir möchten hier sein! Aber ich weiß auch, dass wir, um wiederkehren zu können, in irgendeiner Form wachsen müssen. Deutschland ist da sehr vielversprechend, denn unsere beiden Shows waren schnell ausverkauft. Dann können wir beim nächsten Mal vielleicht in größeren Venues spielen, immer weiter versuchen, es zur Realität werden zu lassen, dass es sich auch lohnt, denn das wollen wir.

Berlin war gut gestern?

Yeah, it was a blast. Canteen am Berghain oder so…

Ja, Kantine am Berghain, das ist ein berühmter Club…

Genau, ich habe beängstigende Geschichten davon gehört... (lacht)

Ihr seid auch vorher in Spanien getourt, was nicht gerade mit im weitesten Sinne Americana- oder Folkrock-Bands assoziiert wird. Gibt es da eine Verbindung aus der Zeit, als ihr mit Jackson Browne dort getourt seid?

Das war damals eine positive, warme Stimmung, und das haben einige Leute für sich mitgenommen, und es hat sich zu etwas Eigenem entwickelt. Wir hatten eine ausverkaufte Show in Madrid in einem für eine Band wie uns beachtlichen Venue, das bedeutet uns viel. Als wir das erste Mal dort waren, liebten wir es sofort, aber wir wussten nicht, was uns erwartete. Aber mit Jackson dort gewesen zu sein, hat uns definitiv geholfen.

Gibt es immer noch diese Verbindung mit Jackson Browne?

Wir treffen uns immer mal wieder, er war bei meiner Hochzeit letzten November… (Anm.: mit Schauspielerin und Sängerin Mandy Moore)

Congratulations!

Thank you!

Lass uns über deine Texte reden: auf der aktuellen Platte Passwords gibt es zum einen die im weitesten Sinne politische Seite, und zum anderen die romantisch-poetische Seite. 2012 sagtest du, dass du erst am Anfang stündest mit politischen Texten, zuvor nicht so geschrieben hättest. Du hast auch an Occupy Wall Street teilgenommen…

Ja, das war das erste, was wir in dieser Richtung gemacht haben. Aber ich meine, wenn du, nehmen wir 2016, in Amerika lebst, dann ist das etwas, worüber gesprochen wird, es beschäftigt dich. Und wenn ein Album eine Gelegenheit für einen Künstler ist, zu teilen, was ihn beschäftigt hat in den 2 Jahren zuvor, dann empfinde zumindest ich es fast schon als Verpflichtung darüber zu schreiben. Aber ich wollte gleichzeitig auch nicht zu spezifisch werden; das lädt niemanden ein zu einem Gespräch. Wenn ich in einem Song schreibe, Medicare for all is the only smart thing to do, und alles andere ist falsch, dann lässt das niemanden seine Betrachtungsweise überdenken. Ich wollte so schreiben, dass es dazu anregt, auch mal anders als bisher zu denken. Und das gilt für beide Seiten: ein Song wie Crack the Case sagt nicht, alle sollten progressiver werden, sondern es ist ein Song für Konservative und Progressive gleichermaßen. Man sollte sich vor Augen halten, dass, wann immer in der Geschichte irgendjemand irgendjemandes Denken verändert hat, dies mit Geduld und Respekt passiert ist. Viele der Ansichten, mit denen ich nicht übereinstimme, kann ich natürlich unmöglich respektieren. Aber ich muss akzeptieren, dass die Leute, die diesen Ansichten zum Opfer fallen, keine schlechten Menschen sind: sie haben ihre eigenen Ängste und Anliegen. Ihre Gründe, warum sie mit bestimmten Politikern eher übereinstimmen, mögen rassistisch, sexistisch oder was auch immer scheinen, doch auch, wenn das schwerfällt es so zu sehen, ist diese Einstufung nicht fair. Menschen fühlen nicht deshalb etwas auf eine bestimmte Weise, weil sie böse sind, sondern weil sie Kinder haben, die sie lieben oder Jobs haben, die sie behalten wollen. Das mag manche zu einer unglücklichen Art anregen die Welt zu betrachten, doch mit dem erhobenen Zeigefinger ändern wir das nicht.

Einige meiner Lieblingsmusiker aus den USA haben ebenfalls diese Erfahrung gemacht, dass sie nicht darum herumkommen politisch Stellung zu beziehen. Die neue Wilco-Platte fällt mir dazu ein, auch dort weniger durch explizite Texte als durch den bedrohlich-düster angehauchten Unterton, der die Songs musikalisch kennzeichnet. Eure Musik hingegen ist des öfteren gegenläufig zu den Texten: die mögen traurig sein oder melancholisch, manchmal gar am Rande von Depression, oder einfach kritisch bei einem bestimmtem Thema, doch die Musik ist nice, im besten Sinne meine ich das, es ist sehr angenehm sie zu hören: reflektiert ihr das, beabsichtigst du das, oder ist das einfach so, dass das eure Musik ist, wie ihr sie mögt, und der Rest ergibt sich?

Ich glaube, wenn du ein Solokünstler bist, nehmen wir Jason Isbell oder (überlegt) Joni Mitchell, dann bist du der Kapitän. Du kannst deinen Musikern sagen: „dies ist mein Song, und so oder so müsst ihr den spielen.“ Und das ist OK, dein Name steht vorne drauf. In einer Band ist der Prozess viel demokratischer. Oft komme ich mit einer Idee, wie ein Song sein könnte, und dann spielt die Band ihn so, wie sie ihn haben wollen. Ich möchte, dass das so möglich ist, ich möchte ihnen nicht sagen, wie sie es spielen sollen. Bei einem Song wie Crack the Case hätte ich es mir aggressiver oder bei einem Song wie Telescope bluesiger vorgestellt. Aber wie sie ihn interpretierten, war ganz anders als meine Erwartungen. Ich habe das begrüßt, denn…ich werde assoziiert mit meinen Songs, sie mit ihren performances. Klar, wenn sie die ganze Zeit Soli drinhaben wollten, dann müssten wir darüber reden, aber so sind sie nicht. Ich möchte also eigentlich sicherstellen, dass die Songs uns alle vier überraschen. Ich weiß nicht, ob das deine Frage beantwortet, aber das kann der Grund sein, warum Text und Musik bei uns manchmal in dieser gegensätzlichen Beziehung stehen.

Das klingt sehr organisch, euer Prozess, und der Kern der Band, bis auf den Keyboarder, ist ja auch schon viele Jahre zusammen. Zu den romantischen Seiten eurer Texte: ich spüre da, besonders auf der letzten Platte, eine gewisse Mehrdeutigkeit in der Art, romantische Gefühle, romantische Liebe zu sehen – ist das so, oder sind es aus deiner Sicht einfach nur: Liebeslieder?

Ich denke, z.B. auf Nothing is wrong (Anm.: 2012) gibt es viele Trennungslieder. Ich war 25, als ich diese Lieder geschrieben habe. Ich schäme mich nicht für sie, aber es tut mir fast leid, wenn ich zurückblicke, vor allem für die Frauen bzw. die eine Frau, die ich sehr geliebt habe und wo es nicht hingehauen hat. Ich habe mehr oder weniger unsere Beziehung ausgeschlachtet. Million Dollar Bill, Coming back to A Man, Time spent in Los Angeles: jeder einzelne Song. Und sie hat das vorher nicht ausdrücklich abgesegnet. Das ist das Spezielle, wenn du mit einem Autor zusammen bist: ohne das besprochen zu haben, öffnest du dich automatisch dafür, dass dein persönliches Leben zu einem gewissen Grade geteilt wird, öffentlich. Natürlich möchte ich das poetisch und taktvoll machen; die Details, warum ich mich vielleicht von jemandem verletzt gefühlt habe, gehen niemanden etwas an. Aber es kommt schon zur Sprache. Sharing heartbreak is good, das kritisiere ich nicht, aber über die Jahre hat sich meine Herangehensweise da verändert: wenn ich mein Privatleben zum Thema mache, möchte ich, dass es über das Aufhängen schmutziger Wäsche hinausgeht. Wenn egal wer eine Gitarre nimmt und I miss her so much, I wish she was here anfängt zu singen, dann berührt das etwas in jedem. Jeder kennt dieses Gefühl und kann damit etwas verbinden. Aber wenn du es dabei belässt, und es folgt keine persönliche Lebenslektion oder Perspektive oder Philosophie, die du damit verbindest, ziehst du uns sozusagen durch den Schlamm damit und verschwendest unsere Zeit. Du versetzt uns in schlechte Laune und lässt uns damit alleine. Wenn ich also heute ein Liebeslied schreibe, dann möchte ich es auch in einen Zusammenhang stellen, oder einen Vorschlag anbieten: so bin ich mit dieser Situation umgegangen. Oder: so möchte ich mit ihr umgehen in Zukunft. Ich möchte nicht didaktisch klingen; ich gebe nicht vor diese Dinge besser zu verstehen als alle anderen, aber ich möchte unbedingt das Gespräch darüber mit dem Hörer fortführen. Nicht einfach nur I’m sad und She’s gone sagen und Ende. Das möchte ich mir auch nicht von anderen anhören.

Ich habe mir eine Songzeile aufgeschrieben: „You can turn a second inside out / and end up with an eternity“: lovely!

Thanks!

Wunderschön geschrieben. Aber wie das dann in den Song eingebaut ist, hat mich berührt und hat mich darüber nachdenken lassen, wie ich meine Geliebte und meine Lieben sehe, und besonders wie ich mich dabei sehe. Dies war also für mich eher ein Song über mich, oder dich…

Absolut. In diesem Song geht es darum, dass wir Bilder auf andere Menschen projizieren, wir erfinden Geschichten mit ihnen darin, derer sie sich nicht notwendigerweise bewusst sind. Und manchmal möchten wir die Erinnerungen so zurechtbiegen, wie es am praktischsten ist für unseren Schmerz. Es geht hier nicht um die Person, sondern um das Bild, das sozusagen in ihrem Schatten gemacht wird.

Das ist das Schöne und gleichzeitig Gefährliche, diese Projektionen…

Genau! Diese Zeile ist also auch fast wie eine Warnung: das ist nicht gesund, weiter in der Vergangenheit zu leben und die Erinnerungen wiederzukäuen und umzuformen, das ist keine positive Art dein Leben zu führen. Zumindest nicht für mich.

Dann möchte ich dich noch etwas zu einem etwas älteren Text eines deiner beliebtesten Songs fragen, All my favorite Bands, den ihr ja bestimmt auch heute Abend spielen werdet. „May all my favorite bands stay together“: das ist doch eigentlich das gleiche Gefühl, oder?

Klar, denn all deine Lieblingsbands bleiben ja definitiv nicht zusammen. Sie lösen sich auf, oder sie sterben, das sind die beiden Optionen. Die Leute fühlen sich gut bei diesem Song, ich liebe es ihn auf Shows zu singen und die Verbindung, die mit ihm entsteht, aber da gibt es schon so eine Unterströmung, so „wir wissen alle, dass das nicht passiert“. Das ist, wie wenn man sagt „ich hoffe, dass wir alle ewig leben werden“, und das wird einfach nicht passieren. Ich mag diese Doppelbödigkeit. Aber es ist nicht als Depri-Song angelegt, sondern soll eher die Stimmung treffen „aber wenn wir jetzt zusammen hier sind, lass uns eine gute Zeit haben!“

Denn auch wenn die Beatles sich getrennt haben, haben wir immer noch die Musik und die Erinnerung an die guten Erlebnisse, die sie uns und sich geschenkt haben. Es gibt so viele Querverbindungen… das bringt mich wieder auf eine andere Zeile aus einem deiner Songs, Crack the Case, in der es heißt: „it’s hard to hate anyone.“

Der Hintergrund ist hier, dass meine Familie, und da stimmen wir nicht überein, für Donald Trump gestimmt haben. (Ich nicht.) Ich habe einen langen Podcast gehört über die Bergbaugegenden in West Virginia und Kentucky. Die Leute dort verdienen kein Geld, sie können ihre Familien nicht versorgen, und sie wissen alle, dass ihre Industrie keine Zukunft hat und sie ihre Jobs verlieren werden. Ihnen wurde dieses Narrativ eingeflößt, dass die Progressiven Menschen aus anderen Ländern hereinlassen wollen, die ihnen die verfügbaren Jobs wegnehmen. Sie sind so voller Angst und fühlen sich so alleingelassen, dass sie die Fakten verzerren und denken, das muss der Feind sein, denn ich brauche einen Feind um dafür zu sorgen, dass ich sicher bin. Das ist also meine Schlussfolgerung. Wenn du die Geschichten dieser Leute hörst, wird es sehr klar, dass dies nicht direkt oder bewusst Rassisten sind. Ich glaube das zumindest nicht, ich denke, sie sind irregeleitet. Sie sind fehlinformiert. Oder uninformiert. Ich würde ihnen das so freundlich wie möglich sagen, wenn sich das ergäbe. Aber automatisch zu schließen, wenn du für den gestimmt hast, bist du ein fucking racist: das wäre sehr bequem, wenn es so einfach wäre. Daher kann ich mich nicht aufregen über 80jährige, die Entscheidungen treffen auf der Grundlage ihrer Ängste und Sorgen. Also in diesem Sinne: „it’s hard to hate anyone / when you know what they’ve lived through“.

Und das kann jeder ja dann mit weiteren, eigenen Implikationen füllen, politischen wie persönlichen…

Totally.

Kentucky, West Virginia… wir machen jetzt einen Schwenk zu leichteren Themen: letztes Jahr war die Band Wayne Graham aus Kentucky hier in Köln, und es ist so ähnlich wie bei euch eine Band der Brüder. Kenny Miles ist der Sänger und Leadgitarrist, und Hayden Miles, der jüngere Bruder, ist der Drummer. Dein jüngerer Bruder, Griffin, ist auch der Drummer bei Dawes, du spielst Gitarre und singst. Wie hat sich das ergeben, seit wann macht ihr zusammen Musik?

In meiner ersten Band, Simon Dawes, gab es nur zwei Leute von jetzt, Wylie (Anm.: Wylie Gelber), den Bassisten, und mich. Und dann hatten wir jemand anders als jetzt als Gitarristen und als Drummer. Ich war 20, er war 17, also richtig jung, und unser Drummer war etwa 40. Er sah zwar sehr jung aus, aber war viel älter als wir. Wir wussten, er wird nicht sehr lange mit uns spielen können, er ist ein alter Mann. Er hat sich dann mit Griffin angefreundet und ihn quasi unterrichtet. Als ich so 23, 24 war, sagte er: ich höre auf, und Griffin übernahm. So einfach.

Na gut, bei Wayne Graham war es ein bisschen anders, wie sie mir erzählten: Kenny, der ältere, durfte nicht Schlagzeug spielen; sie wuchsen sehr streng, kirchlich geprägt auf, und der jüngere Hayden durfte dann doch trommeln, einfach weil er der Jüngere war, der sich oft mehr erlauben darf. – Somewhere along the Way ist einer eurer älteren Songs, auf All your favorite Bands, und gerade dieser Song packt mich immer, einfach sein kompletter Sound. Jetzt wurde das schon mal „lazy“ genannt, wenn andere Interviewer dich immer mit diesem Jackson Browne – Vibe verbinden, aber diese Komponente ist doch trotzdem da in deiner Musik, oder? Besonders in diesem Song, finde ich.

Ja, das kann ich auch in diesem Song hören. Aber für mich ist da auch drin: Slow Train Coming era Bob Dylan, die Eagles und andere Grooves, aber sicherlich ist es auch dieses Jackson-Ding. Auch For the Roses – Joni Mitchell, und immer viel Warren Zevon. Aber ich denke, wenn z.B. jemand Passwords hört und sagt, ihr imitiert Jackson Browne, dann sage ich: ja, wir haben da ein paar akustische Balladen drauf, aber wir haben auch Living in the Future, und Telescope. Sehr unterschiedliches Zeug, daher verwirrt mich das, wenn ich sowas höre: keine Ahnung, von wem ihr da redet? Wenn du sagst, ein Song hört sich an wie aus einer bestimmten Phase, okay, aber zu sagen, eine ganze Platte sei a rip-off, das ist einfach lazy.

Mich hat damals als erstes Nothing is wrong gepackt, und da höre ich auf jeden Fall diese Verwandtschaft zu Jackson Browne heraus, aber natürlich nicht ausschließlich; eine andere Ähnlichkeit dort sehe ich auch mit den damaligen Jayhawks, dieses druckvollere, pointiertere Spiel. Passwords ist ganz klar eine gemischte Angelegenheit. Welche Richtung wird denn die neue Platte einschlagen? Soweit ich weiß, habt ihr sie schon fertig.

Rockig. Live-Gefühl. So ähnlich wie All my favorite Bands und Somewhere along the Way, bloß lauter und schneller. Aber ein Song ist auch nur mit mir und der Gitarre; es ist schon noch alles, was Dawes ausmacht, aber wohl the most Rock’n’Roll we’ve ever done.

Die Platte habt ihr mit Dave Cobb gemacht, der ja ein preisgekrönter Produzent ist; ich liebe zum Beispiel sein John Prine – Album vom letzten Jahr…

… ja, das ist sehr cool…

… das aktuelle Album und auch einige der vorherigen sind mit Jonathan Wilson entstanden, den ich auch zwei Mal in Köln gesehen habe übrigens. Dieser Jonathan Wilson – Vibe, gibt es den noch, veranstaltet er noch diese Jam-Sessions in seinem Haus in Kalifornien?

Das macht er nicht mehr. Also er hat viele Freunde, viele Beziehungen, viele haben mit ihm aufgenommen, und er spielt mit vielen, er war ein Jahr mit Roger Waters auf Tour, aber er lädt nicht mehr zum Jammen ein. Ich meine, er wird heiraten, und es ist einfach nicht mehr das gleiche. Wie bei jedem. (Lacht.) Aber wir stehen uns schon sehr nahe, reden viel miteinander und unterstützen uns.

Ich finde, er kann sich sehr gut in unterschiedliche Musiker hineinfühlen…

…deshalb ist er ein toller Produzent!

Nochmal zum kommenden Album, wie kam es zu diesem rockigen Ansatz?

Also… erstmal rockt es, wie Dawes rockt, darüber geht es nicht hinaus…aber es ist weniger…hm, ich weiß auch nicht so recht…ich habe viel Rolling Stones gehört, vielleicht ist davon viel drin...

RoadTracks fragt zum Abschluss oft nach deinen Lieblings-Roadsongs, aber das haben wir 2012 schon gemacht, daher möchte ich zum Abschluss ganz allgemein fragen: was hörst du gerade zur Zeit ganz besonders gerne?

Das neue Nick Cave – Album, Ghosteen. Es ist sehr traurig, aber richtig schön. Und…das Album Kiko, von Los Lobos. Das habe ich gestern den ganzen Abend lang gehört. Und dann Sorcerer von Miles Davis, Mitte der 60er kam das raus, und ich hab‘ es erst jetzt für mich entdeckt. Also, diese drei. Und meine Frau hat gerade heute einen Song (Anm.: Mandy Moore, I’d rather lose) veröffentlicht -: I’m excited about that.

Tja, und zum Konzert kann ich nicht soviel sagen: es ist unverschämt laut, also wirklich unverschämt. Keine Ahnung, wer das so wollte, aber es grenzt an Körperverletzung. Robustere Naturen, das kann ich weitergeben, gehen begeistert mit, aber mir ist die Freude am Konzert vergangen. Wer mal in den 90ern bei den Brandos war, weiß vielleicht, was ich meine, und hier ist es noch lauter. Nur die lokale Vorband bei Kate Tempest 2016 in Liège wird auch von Dawes am Anschlag nicht getoppt, das sind die Top 3 meiner loudest gigs ever. Kann ich mich wenigstens weiter auf mein erstes richtiges Dawes-Konzert freuen… ;)

Words: Frank Schwarzberg
Photo: Clara Balzary


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