BLACK HONEY

März 2021 Interview - Die Maximalistin

Spätestens seit das 2014 in Brighton gegründete Quartett Black Honey 2018 endlich das erste, selbst betitelte Album auf den Markt brachte, gehören Izzy B. Phillips und ihre drei Jungs zu den schillerndsten Erscheinungen auf dem Indie-Rock-Sektor. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch in den haarsträubend kunterbunten Videos, und natürlich auch im Studio tun Izzy & Co. alles, deutlich zu machen, dass das Alltagsleben ihnen nicht ausreicht und es eigentlich nie zu wenig wenig Farbe, Mode, Stil, Trash und Glamour geben kann. Während Black Honey auf ihrer ersten LP noch ihre Vielseitigkeit in poppiger Hinsicht unter Beweis stellen wollten, geht es auf dem nun vorliegenden, zweiten Werk „Written & Directed“ wieder zurück zu den ursprünglichen Rock- und Power-Pop-Roots – auch wenn das stilistische Spektrum insgesamt nochmals ausgeweitet wurde - denn insbesondere bei den Live-Konzerten hatten die Fans immer wieder nach den Rausschmeißern verlangt hatten.

Das neue Album ist musikalisch dabei nach wie vor ziemlich breit aufgestellt – aber mehr Grunge-, Power-Pop- und Rock-Elemente als auf dem Debüt gibt es ja schon, oder?

„Wir sind ja eigentlich schon heftige Rocker, wenn Du weißt, was ich meine“, erläutert Izzy, „unser erstes Album war eher poppiger als gewöhnlich. Für uns hat sich das also ganz natürlich angefühlt, zu den Riffs zurückzukehren. Tatsächlich haben wir drei unterschiedliche Stapel an Songs geschrieben: Motown-, Nighttime-Disco- und heftige Rocksongs. Als wir uns diese dann angehört haben, war es für uns klar, dass das unser Sound sei. Wir wollten aber ein paar von den anderen Songs auch nehmen – zum Beispiel 'Beaches' mit seinem Motown-Feeling. Nicht dass wir wirklich Motown Songs schreiben könnten – das kann heutzutage niemand mehr und das ist mehr so eine Hommage – aber dieser Mix funktionierte dann seltsamerweise.“

Ist es denn so, dass sich alle Beteiligten auf einen gemeinsamen Nenner einigen können?

„Nun – jeder ist ja anders“, überlegt Izzy, „auf diesem Album haben wir viele Kollaborationen gemacht. Manchmal haben wir alle zusammen gearbeitet, manchmal in verschiedenen Räumen, manchmal habe ich mit Carl Barat von den Libertines oder mit Olly Burden von The Prodigy gearbeitet gearbeitet. Dann haben wir uns zusammengesetzt und Ideen hin und her geworfen – tatsächlich war das ein großer, kollaborativer Prozess. Ich mag sowas wirklich gerne und ich denke ich habe auch eine Menge gelernt. Was ich besonders mochte, war das Ganze dann gemeinsam in einem Raum zusammen auszuprobieren und dann das, was ich gelernt habe, auch gleich in seiner reinsten Form anzuwenden. Ich sage aber niemals nein, wenn es darum geht, verschiedene Methoden auszuprobieren. Auf diese Weise kann ich nämlich viele verschiedene Schattierungen meiner 'Farben' anzapfen, an die ich bislang nicht herangekommen war.“

Die Musik und auch die visuelle Repräsentation von Black Honey sind ja in jeder Beziehung überzogen und deutlich größer als das Leben – mit Izzy stets als irisierendem Mittelpunkt. Warum ist es eigentlich notwendig, den Bogen so offensichtlich zu überspannen?

„Nun ich bezeichne mich als Maximalistin“, gesteht Izzy, „ich kann einfach nicht anders. Zwar wünschte ich manchmal schon, ich könnte manchmal wie diese minimalistischen Menschen sein – aber ich bin immer schon ein überlebensgroßer Charakter gewesen. Ich mag kühne Entscheidungen, und widersprüchliche Statements. Ich denke es geht darum, meine bombastischen Sehnsüchte auf möglichst glorreiche Weise zu zelebrieren. Dafür entschuldige ich mich auch nicht.“

Ja gut – aber muss es denn immer so übertrieben sein?

„Wir leben doch in einer Kultur, in der jeder angehalten wird, stille zu halten“, gibt Izzy zu bedenken, „ich bin aber von dem Phänomen und der Kunstform des 'Drag' fasziniert und wie Menschen damit umgehen. Das ist für mich die Ultimative Art der Selbstdarstellung. Menschen, die dem 'Drag' zugetan sind, sind mit ihrem inneren 'Freaky' vollkommen im Reinen. Wenn ich mir das so recht überlege, geht es auf diesem Album um meinen inneren Drag-Charakter und die Wahrheit geht. Ich habe mal sowas gelesen wie, dass es so etwas wie eine Verkleidung eigentlich gar nicht gebe, sondern nur die Selbstdarstellung. Diesen Gedanken mag ich. Ich habe gar nicht geplant, alles so laut und fett und heavy zu machen. Das ist einfach passiert. Manchmal muss man auch seine Zweifel zur Seite schieben und das Biest sein lassen, was das Biest sein möchte. Und das ist ein wirklich befreiender Zustand.“

Was hält das Ganze dann zusammen – außer Izzy's Gesang?

„Das Kino“, meint Izzy wie aus der Pistole geschossen, „und dann gibt es da noch dieses Element, das wir 'Anancy' nennen. Damit meine ich eine bestimmte Art von Gitarrenfigur, die sich für uns anhört wie Nancy Sinatra's 'Bang Bang'. Da achten wir drauf, dass sowas in jedem Song vorkommt. Und dann haben wir noch verschiedene Redewendungen, die wir gerne verwenden und bestimmte Percussion-Elemente.“

Und wie sieht das mit den Film-Genres aus, auf die sich Black Honey beziehen?

„Da gibt es bestimmte Filme für bestimmte Stimmungen, oder?“, erwidert Izzy, „es ist ziemlich schwer, da etwas herauszupicken. Tarantino ist natürlich offensichtlich ein Favorit von uns. Ich mag auch das ganze David Lynch Zeug und Kultfilme wie 'Buffalo 66' oder 'Paris Texas'. Ich mag klassische Sachen. Auch Horror-Filme. Was ich da besonders mag, ist die Tatsache, dass es auch Spaß macht richtig schlechte Horrorfilme anzuschauen. Das sind ja auch irgendwie Komödien – und ich mag lustige Sachen.“

Was uns zu der Bedeutung von Humor im Black Honey-Universum bringt – da gibt es ja eine Menge Augenzwinkerei, oder?

„Ja und zwar weil die größte Rebellion das Glücklich-Sein ist“, meint Izzy, „das ist dann meine Rebellion: Meine Art dem Patriarchat den Stinkefinger zu zeigen, ist es, mich einfach zu amüsieren und Spaß zu haben. Es soll alles auch deswegen bunt und lustig sein, weil es verdammt langweilig wäre, immer ernst zu bleiben.“

Das stimmt ja wohl auch. Gerade in Zeiten, wo aufgrund der Pandemie eh alles in einem gedämpften Grau zu versinken droht, kommen Bands wie Black Honey, die mit ihrem cineastischen Breitwand-Sound zugleich auch eine gehörige Prise Technicolor ins Leben bringen, gerade richtig.

Words: Ullrich Maurer
Photo: Laura Allard Fleischl

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