MOLLY BURCH

Juli 2021 Interview - Geträumte Romantik

Freunde klassischer Americana-Variationen waren bislang bei der in Austin, Texas ansässigen Songwriterin Molly Burch stets an der richtigen Adresse. Zusammen mit ihrem Gitarristen und Lebenspartner Dailey Tolliver erfreute Molly auf ihrem Debütalbum „Please Be Mine“ von 2017 mit Folk, auf ihrem zweiten Werk „First Flower“ von 2019 zusätzlich mit Jazz und Blues und 2019 auf ihrem Holiday-Album „The Molly Burch Christmas Album“ mit klassischen Country Sounds. Bis auf das Weihnachts-Album – auf dem auch Coverversionen zu hören sind – überzeugte Molly dabei nicht nur als Interpretin und Sängerin, sondern vor allem auch als Songwriterin mit selbst verfassten Songs – nur dass sie sich dabei (übrigens auch auf der Bühne) stets an die formalen Gegebenheiten der jeweiligen Stilistik hielt – und sich auch nicht zu schade war, ihren Idolen und Vorbildern wie z.B. Nina Simone oder Billie Holiday, Tribut zu zollen. Allerdings möchte sich Molly Burch keineswegs als bloße musikalische Kuratorin verstanden wissen – und schlug deswegen mit ihrem neuen Album „Romantic Images“ eine neue Richtung ein: Erstmals arbeitete sie etwa im Studio mit Produzenten zusammen – in dem Fall Alaina Moore und Pat Riley (von dem Projekt Tennis) – und erstmals schrieb sie ihr neues Material nicht auf der Gitarre, sondern mit Klavier, Keyboards und Drumcomputern. Das Ergebnis ist eine lebhafte, soulige und mitreißende Pop-Scheibe geworden, die nicht nur für den Zuhörer, sondern auch für Molly überraschende Aspekte und Erkenntnisse birgt.

Wie kam es denn zu dem für Molly ungewohnten, neuen Soul-Pop-Stil?

„Ich habe es eigentlich immer schon gemocht, mehr in einem Pop-Stil zu singen – und das wollten wir – mein Gitarrist und Partner Dailey Tolliver und ich - auf jeden Fall für 'Romantic Images' auch nutzen“, fügt Molly hinzu, „das sollte dann quasi die Lücke zwischen meiner älteren Musik und diesen neuen Sachen überbrücken helfen. Zusätzlich haben wir mit den Arrangements und der Instrumentierung gespielt – beispielsweise, indem wir auch mit Synthesizern und Drumcomputern gearbeitet haben.“

Die Scheibe wurde ja von Alaina und Pat Riley von Tennis produziert, die Molly und Daley auf einer gemeinsame Tour Anfang 2020 kennengelernt hatte. Als die Pandemie dann einen Abbruch der Tour notwendig machte, fragte Molly Alaina um Rat, wer ihre neue Scheibe denn produzieren könne und da schlug Alaina sich selbst und Pat vor.

„Ich fand diesen Vorschlag spannend, weil wir uns ja nun gut kannten und ich eh auch ein Fan ihrer Musik war“, erklärt Molly, „es war auch in Bezug auf Covid sicher, weil es mir möglich war, nach Denver zu fahren und mit ihnen in Quarantäne zu gehen. Das fühlte sich so an, als hätte das sowieso so sein sollen. Und mit einer Frau als Produzentin zu arbeiten, fühlte sich unglaublich gut an.“

Inwiefern? Wo ist denn da der Unterschied zu einem männlichen Produzenten zu sehen?

„Na ja – ehrlich gesagt, war das ja meine erste Erfahrung mit einem Produzenten überhaupt“, gesteht Molly, „bei den ersten beiden Alben habe ich ja selbst mitproduziert. Ich hatte also meine Musik zuvor produktionstechnisch also noch nie in die Hände von jemand anderen gegeben. Viel zu vergleichen habe ich also gar nicht. Ich hatte ja auch gleich zwei Leute, die sich die Aufgabe geteilt haben und sehr gut zusammen arbeiten, weil sie ja eine Band zusammen haben. Aber Alaina hat meinen Gesang produziert und das hat sich sehr besonders angefühlt, weil wir da diese fast intime Beziehung hatten, die ich vorher noch nie erlebt hatte – und das hat sich sehr cool angefühlt. Mir war es wichtig, Diversität in der Produktion zu haben. Und deshalb waren es dann auch Frauen wie Gloria Kaba oder Heba Kedry, die den Mix und das Mastering gemacht haben.“

Die Scheibe heißt ja „Romantic Images“. Da hat man ja bestimmte Vorstellungen, die Molly in den kunterbunten Videos zu ihren neuen Songs in gewisser Weise nicht nur bestätigt, sondern mit einer Portion Selbstironie sogar auf die Spitze treibt.

Was war der Hintergedanke bei der Wahl des LP-Titels?

„'Romantic Images' war der letzte Song, den ich für das Album geschrieben habe und er entsprang einem Traum – was mir vorher noch nie passiert ist“, erinnert sich Molly, „deswegen ist das ein sehr spezieller Song für mich – der aber keine Single sein sollte, weswegen ich die Wichtigkeit dann dadurch unterstreichen wollte, dass es wenigstens der Titeltrack würde. Deswegen ist der Song auch irgendwie verletzlich. Es geht um Liebe und darum sich selbst zu finden. Das ist eigentlich das Thema der Scheibe – und deswegen steht er auch für die anderen Songs.“

Worum ging es denn in dem Traum?

„Es war irgendwie seltsam, denn ich hatte die Bilder, ein paar Textideen, die Musik und die Stimmung des Songs in meinem Traum“, berichtet Molly, „ich wachte dann auf, und schrieb ihn. Wie gesagt – das war seltsam und es ist sicher auch kein Rezept für die Zukunft.“

Wie schreibt Molly ihre Songs, wenn sie sie nicht gerade erträumt?

„Manchmal notiere ich mir Ideen in meinem Handy“, meint Molly, „aber es ist bei jedem Song eigentlich anders. Manchmal quillt es einfach so aus mir heraus, so dass ich mich wundere, was alles aus meinem Mund kommt. Das hängt davon ab, wie ich mich gerade fühle. Manchmal denke ich aber auch sehr intensiv über etwas nach und versuche dann, einen Song darüber zu schreiben, wie ich mich in diesem Moment fühle – und das ist dann mehr strategisch. Es sind aber beide Arten möglich.“

Wie geht es denn weiter für Molly? Als nächstes stehen ja Touren an, oder?

„Ja, die Tour mit Tennis wurde ja unterbrochen und soll ab September fortgesetzt werden. Und dann werden wir ja dieses Mal Keyboards verwenden müssen. Zur Zeit lernen wir gerade, wie man mit Backing Tracks arbeiten kann. Auf jeden Fall wird es aber einen Live-Drummer geben und natürlich ist auch Dailey Tolliver, mein Gitarrist wieder mit dabei. Es wird aber natürlich ein anderes Setup als gewohnt sein.“

Und hat sich Molly denn schon Gedanken über ihre musikalische Zukunft gemacht?

„Musikalisch lebe ich mein Leben gerne so dass ich schaue, was passiert, was sich anbietet und möglich ist und bin auch immer offen, neue Songs zu schreiben“, führt Molly aus, „ich denke da zum Beispiel vor allem an mehr Co-Writing-Sessions, denn normalerweise schreibe ich die Songs nicht mal mit meinem Gitarristen – der ja auch mein Freund ist – zusammen. Bestenfalls zeige ich ihm mal, was ich geschrieben habe und frage ihn, was er davon hält. Als ich dann aber mit Jack Tatum den Song 'Emotion' geschrieben habe, war das ganz neu für mich – aber auch eine sehr schöne, lohnende Erfahrung. Jack hat so viel Ahnung von der Produktion und Synthesizern und Sounds, dass ich sehr viel von ihm lernen konnte. Momentan fokussiere ich mich natürlich auf mein neues Album – aber ich freue mich auch schon auf die Zukunft.“

Words: Ullrich Maurer

Photo: Maciek Jasik

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