STATIC ROOTS FESTIVAL

07. und 08.07.2023 Oberhausen – Zentrum Altenberg

Die Westcoast in Nordrhein-Westfalen - Als Deutschlands einziges Americana-Festival gehört das Static Roots für Roadtracks zum Festival-Sommer wie die Butter aufs Brot! Nur damit wir gleich mal über den Stellenwert gesprochen haben, den das Festival in Oberhausen für uns einnimmt. An zwei Julitagen erwarten den Zuschauer hier in intimer Club-Atmosphäre ein Dutzend Acts, von noch unbekannten Newcomern bis hin zu etablierten Künstler*innen und Bands. Erwähnen sollte man hier außerdem noch, dass das Festival von einem Privatveranstalter, Dietmar Leibecke, organisiert und finanziert wird – dem dafür ebenso Respekt wie Dank gebührt!

Den diesjährigen Startschuss überlässt er am Freitag ONE ELEVEN HEAVY, einem transatlantischen Bündnis aus den USA und England, das mit seinem sanft wogenden Rootsrock Grateful Dead und The Band als Inspirationsquellen deutlich offenlegt. Im Mittelpunkt des Auftritts stehen dabei die Songs vom aktuellen, dritten Album Poolside, das mit seinen 60s- und 70s-Sounds Retro in Reinform bietet, was hier als Kompliment und keineswegs als Kritik gemeint ist.

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Bereits ein Jahr zuvor hat an gleicher Stelle EVANGELINE GENTILE ihre Qualität unter Beweis gestellt. Der Auftritt beim Static Roots 2022 sei das Highlight ihrer Karriere, so die Kanadierin ein Jahr später, als sie Songs ihres neuen Albums Where The Diamonds Are allein an der E-Gitarre präsentiert – und keine Bandbesetzung vermissen lässt. Für die war im Studio Produzent Jim Bryson zuständig, der auch zum Lineup gehört und für ein herzerwärmendes Duett auf die Bühne kommt.

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Umgekehrt kommt sie im Anschluss auch zu ihm auf die Bühne – und sorgt damit für den Höhepunkt in JIM BRYSONS Set. Seine große Klasse konnte der Kanadier, der sich durch seine Zusammenarbeit mit Kathleen Edwards, The Weakerthans, Howe Gelb und vielen anderen sowie durch seine Produzententätigkeit einen Ruf als kanadische Indie-Institution erarbeitet hat, nur sehr bedingt zeigen. Was schlicht und ergreifend seinem nicht zu bremsendem Redebedürfnis geschuldet ist, das zwar gespickt mit Gags ist, aber die Musik viel zu kurz kommen lässt. Schade!

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Mit Musik von der grünen Insel geht es weiter. Doch wer jetzt Irish Folk oder Ähnliches erwartet, könnte nicht falscher liegen: Rowan ist Dietmar Leibeckes diesjährige „Wild Card“, wie er es nennt, und damit die einzige Band außerhalb des Roots-Kosmos. Hier steht zackiger Indie-Rock auf dem Programm, wie man auf mittlerweile mehreren EPs und dem Debütalbum Does It Make You Happy nachhören kann.


Unbestreitbarer Höhepunkt und völlig zu Recht Headliner am Freitag ist dann CORDOVAS: Zuerst präsentiert sich die Formation als reduziertes Akustiktrio mit zwei Gitarren und mehrstimmigem Harmoniegesang, das die Westcoast nach Nordrhein-Westfalen holt und das Kalifornien der 70er mit Dope-Desperados und Cocaine-Cowboys wiederauferstehen lässt. Der exaltierte Frontman Joe Firstman sammelt dabei nicht nur Sympathiepunkte, was dem musikalischen Genuss aber nicht im Wege steht – zumal das musikalische Repertoire, als erst mal die ganze Band auf der Bühne steht, in Richtung sattem Country-Rock mit ausufernden Jam-Momenten und und Jazz-inspirierten Improvisationen erweitert wird. Ein würdiges Ende des ersten Festivaltags!

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Den Samstagnachmittag eröffnet dann das holländische Frauentrio WOOLF, das mit zartem, akustischem Folk und wunderbarem, mehrstimmigem Harmoniegesang entzückt. Echos von Crosby, Stills & Nash sind hier ebenso zu vernehmen wie von The Staves, wie nicht nur der Auftritt, sondern auch die bisher veröffentlichten zwei EPs belegen.

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Aus dem texanischen Austin kommt das Ehepaar Mikaela und Jordan Burchill, die unter dem Namen BETH // JAMES firmieren – und deren etwas zu beliebiger Folkpop nur selten überzeugen kann. Was leider auch für THE HELLO DARLINS gilt: Die kanadische Formation mit ihrem Mix aus Country, Rock und Blues mag aus großartigen Session-Musikern bestehen, offenbart aber Schwächen im Songwriting. Besser ist man da bei den Covernummern aufgehoben, die großzügig im Set verstreut sind, wie etwa Helpless, das der Dienstälteste der Band, Bassist Kid Johnson, gekonnt singt – und Neil Young dabei erstaunlich ähnlich klingt.

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DYLAN EARLS Solo-Auftritt im Anschluss ist dann der erste Höhepunkt am Samstag: Der Mann aus Arkansas versteht es Songs zu schreiben und sein Publikum mit Witzen am laufenden Band bei Laune zu halten, ohne die Musik dabei zu kurz kommen zu lassen. Besonders eindrucksvoll ist sein Cover von Blaze Foleys If I Could Only Fly, womit der ebenso begnadete wie witzige Storyteller sein Set beendet.

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Weiter geht der Höhenflug mit MALIN PETTERSEN, die das Paste Magazin als „norwegische Country-Sensation“ bezeichnet hat. Wobei der Begriff Country für Pettersens Musik zu eng gegriffen ist, handelt es sich hier eher um Americana mit Einflüssen aus Pop, Jazz und R & B, die sie mit ihrer Band in einem druckvollen Set präsentiert. Empfehlen können wir an dieser Stelle nicht nur einen Konzertbesuch, sondern auch die bisher veröffentlichten beiden Alben Wildhorse und Trouble Finding Words sowie die EP Alonesome. Nicht umsonst sind neben dem Paste Magazin auch Forbes, Billboard, und der Rolling Stone auf die Norwegerin aufmerksam geworden!

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Nach Beth // James ist mit FERRIS & SYLVESTER ein weiteres Ehepaar zugegen, das sich live aber von seiner ruppigen Seite zeigt: Der Folk-Pop der Studioaufnahmen weicht hier einem robusten Bluesrock, der im angenehmen Kontrast zu den meisten anderen Acts steht und dem Festival zusätzlich Fahrt verleiht.

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Mit einem weiteren Highlight und dem vermutlich besten Auftritt während der zwei Tage geht das Festival dann viel zu früh zu Ende: Zum 10. Jubiläum des Debütalbums spielen JOHN BLEK & THE RATES eine kleine Reunion-Tour, die sie glücklicherweise auch nach Oberhausen zu Static Roots führt. Der feierliche Folkrock mit Pedal Steel setzt einen grandiosen Schlusspunkt und lässt das Festival aufs Schönste ausklingen. Danke, Static Roots!

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Text: Andreas Paßmann
Photo: Volker Ebert