MARTA DEL GRANDI

MARTA DEL GRANDI

17.01.2024 Dortmund, FZW

Musik aus dem Zauberwald

Marta Del Grandi öffnet die Sinne: am 17.01. war sie mit Band im Dortmunder FZW zu Gast

Eines der besten Alben des vergangenen Jahres kam von der Italienerin Marta Del Grandi. Selva heißt es, ein altertümliches und mystisch aufgeladenes Wort für Wald. Kunstvoller Pop ist das, sehr variantenreich: mal experimentell schräg, mal songorientiert im klassischen Bandsetting Gitarre, Bass, Drums. Die verbindenden Elemente sind Del Grandis großartige, an Klassik und Jazz geschulte Stimme und die sphärische, verträumte Atmosphäre der Stücke.

Dabei nimmt sich Del Grandi nicht zu ernst, in der Musik und ihrer Art ist immer auch eine gewisse Verspieltheit zu spüren. Erfrischend ist das, sie am 17.1. im FZW-Club in Dortmund so anrührend, unprätentiös meisterhaft und witzig zugleich zu erleben. Dabei hätte das Konzert um ein Haar nicht stattgefunden: es ist der Tag des dichten Schneefalls, und Del Grandi und ihre Band haben am Vorabend in München gespielt, die Fahrt nach Dortmund dauerte 10 Stunden. Kurz vor ihrem Auftritt sind sie erst eingetroffen - schneller Soundcheck, und dann los.

Da dies eine FZW Indie Night mit zwei teilnehmenden Acts ist, spielt Del Grandi ein kurzes Set von ca. 45 Minuten, welches sich auf das Selva-Album konzentriert. Begleitet wird die Sängerin und Gitarristin von Gabriele Segantini am Schlagzeug und Iris Soledad Galibariggi am Baritonsaxophon - ein Bass war wohl zu groß für Reisen mit kleinem Budget. Das ganze funktioniert aber ausgesprochen gut: Galibariggi lockert mit ihrem Spiel die Songstrukturen auf, und Segantini präsentiert die ganze Bandbreite des sensiblen Schlagzeugspiels. Hochmelodische, zarte Lieder wie Eye of the Day, Marble Season oder Two Halves rahmen den avantgardistischen Mittelteil ein, mit u.a. Snapdragon als Free Jazz - Spielwiese und Selva als Lautmalerei mit Loop-Effekten. Dass es Del Grandi zwischendurch nicht immer gut ging, deutet sie in der Anmoderation zu Stay an, ihrem persönlichen Befreiungslied.

Marta Del Grandi im verschneiten FZW-Zauberwald: die Sinne weiten sich, wir hören anderes und genauer, erleben elastische Musik, die mit Grenzen spielt und doch völlig zugänglich ist. Welch ein Glück für alle Tapferen, die trotz Schnee gekommen sind. Sie hätte das nicht gemacht, lacht Del Grandi, wäre mit Netflix auf der Couch geblieben. Keine Chance, Marta: bei deinem nächsten, hoffentlich längeren Besuch sind wir alle doppelt und dreifach wieder da!

Words: Frank Schwarzberg
Photo: Felix Schneegans, FZW Dortmund